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Lindenbluete

Heilpflanze des Jahres 2025 – die Linde

Teil 2

Die Signatur der Linde
Lindenbäume sind beachtliche Bäume, die über viele Hochs und Tiefs der Menschheitsgeschichte erzählen könnten. Linden werden immerhin bis zu tausend Jahre alt! Der Lindenbaum kann außerdem bis 40 Meter hoch werden. Betrachtet man also den ganzen Baum, wirkt er königlich, nach der Signaturenkunde der TEM also jovial geprägt. Die Blüten sind demnach von der Venus signiert, zudem zeigt der Mond in ihnen über die Schleimstoffe seine Kraft. Zubereitungen vermitteln Ausgeglichenheit und Standhaftigkeit, ferner lässt sich die harmonisierende und nährende Wirkung der Zubereitungen ablesen.

Die Linde als Gemmomazerat
In der Traditionellen Europäischen Medizin werden neben den Blütenständen die Knospen der Linde verwendet. Gemmomazerate werden durch schonende Verarbeitung der noch geschlossenen Blatttriebe hergestellt, dabei werden die Inhaltsstoffe schonend herausgelöst und erhalten. In den Lindenknospen finden sich neben den lindentypischen Wirkstoffen, Mineralstoffe und Spurenelemente, Wachstumshormone sowie Stammzellen. Sie gelten als reich an wertvollen Inhaltsstoffen wie Schleimstoffen, Flavonoiden, ätherischen Ölen, Hormonen sowie jenen Stoffen, welche die rasante Entfaltung im Frühling vorantreiben. Traditionelle Anwendungen beschreiben das Gemmomazerat als immunstärkend und unterstützen die „Blutreinigung“ im Frühjahr. Lindenknospen können daher ähnlich wie der Tee der Lindenblüte zur Linderung von Erkältungssymptomen und zur sanften Unterstützung der Atemwege empfohlen werden. Bei diesen Indikationen werden sie begleitend sowie in der Rekonvaleszenz oder zur allgemeinen Stärkung des Körpers eingesetzt. Das Gemmomazerat ist dabei praktischer als der Tee, weil es direkt in den Mund gesprüht werden kann.
Zum überwiegenden Teil finden die Knospenzubereitungen der Linde jedoch als Nerventonikum Anwendung. Entsprechend der jahrhundertelangen Bedeutung als Gesellschaftsbaum unterstützten Lindenknospen Jung und Alt bei Trauer, Verlust und Liebeskummer sowie in sozialen Konfliktsituationen. Lindenknospen wirken schlaffördernd, sind dabei stimmungsaufhellend und erhöhen die Stresstoleranz. Ferner erleichtern sie Schmerzen und reduzieren die Krampfneigung. Insgesamt gilt das Gemmomazerat der Linde als wahre „Seelentrösterin“ und schenkt mehr Gelassenheit. Bei allen Kinderbeschwerden, die mit innerer und äußerer Unruhe einhergehen, ist das Mittel eine ausgezeichnete Wahl und kann übrigens bei ähnlichen Beschwerdebildern Haustieren helfen. Eingearbeitet in Salben tragen Lindenknospenzubereitungen zudem bei Hautirritationen zur Linderung bei.

Die Linde – wohlschmeckend in der Küche
Nicht vergessen dürfen wir die Nutzung der Lindenknospen und Lindenblätter als Wildgemüse. Geschmacklich erinnern die Knospen an junge Erbsen mit einer leicht schleimigen Note. Sie lassen sich in pikanten und fruchtigen Salaten verarbeiten sowie als Topping auf Müsli oder auf Kartoffelspeisen. Als Salat mariniert, werden die jungen noch zarten Blätter gegessen und lassen sich getrocknet in Brot und Gebäck verwerten.

Die Linde – vielfältiger Nutzen
Aufgrund ihrer lieblich herzförmigen Form wollen wir die Wirkung der Blätter der Linde erwähnen. Sie gelten traditionell als mildes, entzündungshemmendes und abschwellendes Mittel. Sie werden bei Hautentzündungen und kleinen Wunden genutzt, die Lindenblätter dienen dabei als Auflage, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Zudem hat der Lindenblatttee hautberuhigende Wirkung bei Sonnenbrand, entzündeten Augen und allergischen Ausschlägen. Für die Schönheit eignet sich der Absud der Blätter nach Hildegard von Bingen als Gesichtswasser und zum Baden.
Sogar das Holz der Linde ist aufgrund seiner Weichheit und leichten Bearbeitbarkeit nicht direkt als Heilmittel bekannt, spielt aber in der Herstellung von Heilmittelutensilien eine Rolle. Die Lindenholzkohle hilft immerhin bei Durchfall und dient der Aufnahme von Giftstoffen.
Der Lindenbaum ist ein wichtiger Baum in einer Zeit schrumpfender Biodiversität, denn er bietet von der Wurzelspitze bis in die Krone zahlreichen Tieren ein Zuhause. Die Blätter zerfallen rasch, nähren und verbessern dadurch den Waldboden. Die Linden sind trockenheitsresistent und wärmeliebend. So werden uns diese imposanten Bäume sicher im Klimawandel erhalten bleiben.

Der Lindenbaum wird somit weiterhin eine wichtige Rolle in der Naturheilkunde und in der Selbstmedikation spielen. Nicht nur weil das Interesse an traditionellen und natürlichen Heilmethoden zunimmt, sondern auch, weil sie durch die Jahrtausende lange Überlieferung ihrer Anwendungsvielfalt tief in unserem Heilpflanzenwissen verwurzelt ist. Ihre bedeutende Stellung in der Traditionellen Europäischen Medizin verdeutlicht, dass Pflanzen nicht nur wegen ihrer unmittelbaren Heilwirkung geschätzt werden, sondern aufgrund ihrer deutlichen Verwurzelung in der kulturellen Identität Europas.

Verfasserin: Mag. pharm. Dr. Gabriele Kerber-Baumgartner, Apothekerin Apotheke Hofwiese